Ich hab damals angefangen Musik zu studieren und war sehr schüchtern. Ich war noch recht jung und bin quasi ohne Vater aufgewachsen und die Rolle hat der Typ dann gern übernommen. Er wollte mein Problem mit Groove dadurch lösen, dass ich mehr „mit Eiern“ spielen soll. Der Sexismus in dieser Formulierung wurde mir erst Jahre später so richtig klar. Man hinterfragt ja so wenig. Der Typ wollte bewusst oder unbewusst mich zu so einer Art gleichem Typen wie ihn machen… Das Verhältnis war von meiner Seite aus geprägt von Vertrauen und einer Art … Verherrlichung? Jedenfalls gings mit meiner Musik immer weiter bergab. Weil ich meine Schüchternheit nicht in den Griff bekam und auch, weil der Mann seine Rolle als Dozent einfach total ausdehnte. Und so eine Art … „Mentor“ sein wollte. Das war er aber nicht. Sondern einfach nur ein schlechter Pädagoge. Das Ganze endete in einer nicht bestandenen Existenzprüfung mit dem Jurykommentar, ich hätte einfach nicht genug Talent um Musiker zu sein. Hier kommt nun der Clou: Der Typ wusste, was passieren würde und hat die Situation inszeniert. Er war der Auffassung, ich müsste ganz klar kommuniziert bekommen, dass das nicht geht. Aber es steht ihm nicht zu, mein Talent oder sonstwas zu bewerten. Schon gar nicht, wenn er vorher diese professionelle Grenze überschreitet. Der hat mich einfach ins offene Messer laufen lassen und mein Vertrauen böse ausgenutzt. Ich habe keine sexuellen Übergriffe erlebt. Ich bin halt ein Cis Mann. Aber ich bin halt auch kein Typ, der „mit Eiern“ spielt oder so dominante Scheiße auf der Bühne machen muss. Hat Jahre Therapie gebraucht. Ich denk noch immer daran, dass die ja vielleicht Recht hatten und ich wirklich kein Talent hab. Obwohl ich Musik doch so liebe.