Vor ca. 2 Monaten wurde ich Opfer eines sexuellen Übergriffs. Erst jetzt weiß ich, dass es kein Einzelfall war. Der Täter ist Musikvideoproduzent und wir arbeiteten mehrere Monate eng zusammen. Ich war bei vielen seiner Projekte Produktionsassistentin. Zu Beginn konnte ich nicht ganz verstehen, warum er mit mir arbeiten wollte, da ich absolut keine Erfahrungen in diesem Bereich hatte und mich auch nicht unbedingt für Produktion interessierte. Wir hatten ein reines Arbeitsverhältnis, trotzdem gab es von Anfang an viele Red Flags. Immer wieder kam es zu Annäherungsversuchen, die ich jedoch zurückwies, da ich professionell bleiben wollte. Jedes Mal schrieb er mir danach Dinge wie „gut, dass du uns gestoppt hast“, als ob das auch von mir ausgegangen wäre. Schnell wurde die Arbeit mit ihm zu meinem Lebensmittelpunkt und nahm enormen Raum in meinem Leben ein. Ich hatte immer ein ungutes Gefühl, da er oft sehr sexuelle Bemerkungen über Komparsinnen, die ich ans Set gebracht hatte, machte. Trotzdem ignorierte ich viele grenzwertige Aussagen. Mit der Zeit entwickelte ich mich weiter, bemerkte, dass Produktion kein Hexenwerk ist und entdeckte immer mehr Missstände, wie fehlende Transparenz in den Finanzen. Als ich Kritik ausübte, wurde ich immer mehr außen vor gehalten. Ich bekam nur noch selten die abgesprochene Gage, teilweise stand ich nicht mehr in den Credits oder arbeitete umsonst. Da das nicht mehr tragbar für mich war und wir nie einen Vertrag hatten, bat ich um ein Gespräch diesbezüglich. Mir war das Gespräch unglaublich wichtig und ich war sehr angespannt vorher. Wir trafen uns in einem Café. Leider kam ich gar nicht zu Wort und wurde vor vollendete Tatsachen gestellt, dass er eine weitere Zusammenarbeit in dieser Form nicht mehr möchte, da sich sein Team über mich beschwert hatte und ich viel zu undankbar wäre. Ich konnte mir das zwar nicht vorstellen, aber war dennoch verunsichert und hatte plötzlich Panik, das zu verlieren, wofür ich monatelang hart gearbeitet hatte. Also versuchte ich, das Gespräch hinauszuzögern und weiter Zeit mit ihm zu verbringen. Wir fuhren dann zu ihm nach Hause, was für mich nicht ungewöhnlich war, da wir dort bereits zusammen gearbeitet hatten. Was dort geschah, belastet mich bis heute. Anstatt zu reden, fing er an, mich anzufassen und auszuziehen. Ca. 10 Mal öffnete er den Reißverschluss meiner Jacke und ich zog ihn wieder zu. Ich drehte mich weg und sagte klar und deutlich, dass ich das nicht wollte. Aber er hörte einfach nicht auf, und ich war irgendwie wie gelähmt. Ich hab mich nicht mehr gewehrt. Er meinte: „Ich weiß gerade nicht, ob du das willst oder nicht, aber dass es so kompliziert ist, macht mich noch mehr an.“ Er fragte mich, ob er auf mich wichsen dürfe, meine Antwort war natürlich nein und er befriedigte sich dann neben mir selbst. Danach ließ er mich bei einer U-Bahnstation raus. Erst zu Hause wurde mir bewusst, was ich gerade erlebt hatte. Ich rief ihn an, schrieb ihm, dass es mir nicht gut ging. Er ging nicht drauf ein. Ich heulte tagelang und konnte nichts essen. Nach weniger als einer Woche meldete er sich wieder mit einem Jobangebot und ich nahm es an, aber fühlte mich schlecht deshalb. Er meinte, er hätte „aus Versehen“ behauptet, dass die anderen sich beschwert hätten. Ich beschloss, weiter mit ihm zu arbeiten und dass dieses Thema unter uns bleibt. Wochenlang lief ich ihm hinterher, um an ein Gespräch zu kommen, aber er ließ alles ins Leere laufen, bis ich mich entschied, mich von ihm zu distanzieren, weil ich es nicht mehr aushielt. Trotzdem habe ich bis jetzt geschwiegen, aufgrund von fehlenden Beweisen und der Angst, dass man mir nicht glaubt, da der Täter erfolgreich, sehr charismatisch und daher in der Branche ziemlich beliebt ist. Zufällig erfuhr ich jetzt, dass er jemanden ca. eine Woche vor dem Zwischenfall mit mir gewaltvoll zu sexuellen Handlungen gedrängt hatte und dass auch diese Person bis heute darunter leidet. Wer weiß, wer noch ähnliche Erfahrungen gemacht hat.